Unser Garten

Freude und Fluch

Ob unser Garten ein Hobby im Sinne des Wortes ist, darüber kann man streiten. Denn seit dem Erwerb des Gartens und dem Bau unserer kleinen Hütte in den Jahren 1980-82 war unser Garten meist Arbeits- und weniger Erholungsort. Gleichwohl hat er uns in beiden Funktionen seit nunmehr fast 30 Jahren als Rückzugs- und Erlebnisort gedient, mit dem sich vielfältige und dauerhafte Erinnerungen verbinden.

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1980/81 entsteht unsere Gartenhütte

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--und schon 1982 sah sie so aus

Unsere Söhne waren gerade 9 und 3 Jahre alt, als Peter mit Aufnahme seiner Beschäftigung beim Post-und Fernmeldeamt Weimar die Möglichkeit erhielt, ein Grundstück in einer neu entstehenden Gartenanlage am Stadtrand von Weimar zu erwerben. Bei den zu dieser Anlage gehörenden Gartengrundstücken handelte es sich um eine jahrzehntelang nicht bewirtschafte und mit meterhohem Unkraut bewachsenen Fläche, die zu diesem Zeitpunkt nicht im Entferntesten an einen Garten erinnerte. Und dennoch waren wir froh über diese Möglichkeit, waren doch eine Reihe vorangegangener Versuche zum Erwerb eines Gartengrundstücks allesamt gescheitert.
Mit einem Elan, der uns noch heute über uns selbst staunen läßt und mit nicht unmaßgeblicher Unterstützung von Freunden und Arbeitskollegen haben wir unser 550 m² großes Gartengrundstück in den Jahren von 1981 bis 1983 regelrecht urbar gemacht und eine Gartenbleibe in Form eines ca. 30 m² großen Bungalows errichtet. Für Kleingartenanlagen geltende Auflagen und Verbote wurden nicht selten umgangen oder mißachtet. Die Einrichtung eines Innen-WC's mit angeschlossener Grube, die Einbringung einer Wasserleitung in die Hütte, eine etwas größer als erlaubte Teilunterkellerung, die Überdachung einer Terasse usw. sind Beispiele dafür.

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Thomas half mit übergroßem Eifer
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Für Thorsten gab es viel zu entdecken
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Und langsam entstand unser Gartenhaus
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manchmal wollte auch Thorsten helfen
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Aus Unkrautfläche wurde Garten
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Abkühlung musste sein
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Und hin und wieder war noch Zeit zum Spielen
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Wir hatten einen Garten

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... und wir fanden ihn wunderschön

Wir waren stolz darauf, etwa ab 1983 einen fertigen Garten mit einer hübscher Gartenhütte zu besitzen. In den Schulferien der Kinder und an Wochenenden verbrachten wir oft die Nächte im Gartenhaus, waren begeistert von der uns umgebenden friedlichen Natur und dem herrlichen Blick auf Weimar. Mit Freunden und Bekannten verbrachten wir viele Stunden hier, feierten Familienfeste und Grillabende mit Freunden und Arbeitskollegen.
Und auch die notwendigen Arbeiten zur Unterhaltung des Gartens und zur Verschönerrung der Hütte machten uns Freude, Kleine Erweiterungen der nutzbaren Wohnfläche, die Gestaltung der Fassade mit Holz, die Errichtung einer von mehreren Gärten nutzbaren Gemeinschaftsantennenanlage, die Gestaltung des Gartens mit Außenkamin, die Errichtung zahlreicher Naturmauern mit dem im nahen Steinbruch erworbenen Travertinsteinen, sorgten für ständige Arbeitsanforderungen, führten aber auch zu zahlreichen Erfolgserlebnissen. Insbesondere in den Jahren der Schulzeit unserer Kinder bildete der Garten ein geliebtes Familiendomizil, auch wenn wir uns dort nicht selten etwas mehr Erholung, und etwas weniger Arbeit gewünscht haben.

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Erste Gartenfreuden
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Wir in der "Zweitwohnung"
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Gartenbesuche
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Unser Anbau von vorn

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Unser Anbau von hinten

Dann aber kam die Wende. Wir hatten gerade kurz vorher eine relativ große Umbauarbeit realisiert und den Großteil der Terrasse überdacht und in das Gartenhaus integriert. Mit Müh und Not hatten wir die dafür notwendigen Zustimmungen bekommen und die Abnahme des Umbaus durch die Staatliche Bauaufsicht erreicht. Das Haus hatte sich aussehensmäßig positiv verändert, war wohnlicher geworden und wir hatten uns sehr auf unser Sommerhaus gefreut, wollten es in der warmen Jahreszeit verstärkt auch als Zweitwohnung nutzen.
All das war plötzlich in Frage gestellt. Die Gartenanlage befand sich auf Pachtland, war unter Beachtung der durch die Wende sich vollziehenden Änderungen der Fortbestand der Gartenanlage überhaupt gesichert, gab es Forderungen der Eigentümer gegenüber der Gartenanlage, würde es ggf. einen Bestandsschutz geben? Alles Fragen, auf die in jener Zeit niemand eine Antwort zu geben in der Lage war. Hinzu kamen die Veränderungen in der Arbeitswelt. Peter übernahm nach seiner Kündigung seitens der Telekom eine Arbeit in einer Saarbrücker GmbH. Er arbeitete die nächsten Jahre an unterschiedlichen Orten in ganz Deutschland, war häufig nur an den Wochenenden in Weimar, bei Heide stand relativ bald die Frage einer Frühverrentung auf der Tagesordnung, bei den Kindern gab es Unklarheiten hinsichtlich des Fortgangs von Berufs- bzw. Schulausbildung, Wehrdienst usw. Es ist verständlich, dass unter diesen Rahmenbedingngen die Frage, wie es mit dem Garten weitergeht, von untergeordneter Bedeutung war.

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Antonias zweites Zuhause

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Thomas wie immer bei der Arbeit

Von Heide allein war die schwere Gartenarbeit dauerhaft nicht zu leisten und ohne die Hilfe von Thomas hätte sich der Garten in jener Zeit wohl schnell in ein unansehnliches Gelände verwandelt. Ohne es auszusprechen wurde der Garten erstmals zur gefühlten Last, dennoch gab es keine Gedanke an dessen Aufgabe. Und ein nicht unwesentlcher Teil der ohnehin knappen Zeit wurde denoch in den Garten gesteckt. Auch für die in vergangener Zeit vielfältigen Gartenveranstaltungen mit Familienangehörigen, Betriebsangehörigen und Freunden war mit der Wende das Interesse bzw. die Möglichkeit weitgehend eingeschränkt. Alle hatten mit sich zu tun, für Bratwurstessen, Gartenfeiern und Familientreffs blieb zunächst keine Zeit. Und daran änderte sich auch in den Jahren bis 2002 nichts Wesentliches, da Peter in Mainz bzw. Frankfurt/Main arbeitete und nur an den Wochenenden in Weimar weilte. Außerdem waren wir ab 1999 "auf den Hund gekommen" und Heide hatte mit unserem Aron wahrlich genug zu tun, um dessen Auslauf- und Jagdinstinkt einigermaßen gerecht zu werden Unter diesen Gesichtspunkten waren wir froh darüber, als Thomas mit seiner damaligen Frau nach der Geburt seiner Tocher etwa 2006 Interesse am Garten bekundete und die Frage stellte, ob er den Garten im Interesse seiner Familie nicht intensiver nutzen könne. Wir kamen überein, dass er die "Gartenhoheit" übernimmt, sich aber an den Eigentumsverhältnis nichts ändert und wir auch unseren uneingeschränkten Zugang behalten. In den Folgejahren hat sich Thomas mit seiner Familie sehr intensiv um den Garten gekümmert, viele, teils aufwändige Neuerungen realisiert und den Garten auch im Sinne eines wirklichen Nutzgartens bewirtschaftet. Gemeinsam mit seiner Familie war der Garten ihr Sommerdomizil und auch unsererseits fand der Garten wieder größere Aufmerksamkeit.

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Doch diese Zeit ging schnell vorbei. Die zunehmenden familiären Probleme in der Ehe unseres Sohnes führten zum schnellen Ende jeglichen Interesses am Garten und so sah dieser innerhalb weniger Monate so aus, dass wir uns vor unseren Gartennachbarn schämen und beim Gartenvorstand entschuldigen mussten. Ende 2009 standen wir vor der ernsthaften Frage, entweder den Garten abzugeben oder noch einmmal mit voller Kraft gartenmäßig duchzustarten. Wir entschlossen uns zu Letzterem, fühlten uns kräftemäßig leistungsbereit und haben in den Jahren ab 2010 viel Kraft in den Garten investiert. Und wir hatten den Garten gerade wieder auf "Vordermann" gebracht, da erhielt Peter die Diagnose "Prostatakrebs", musste sich in der Folgezeit mehreren Operationen unterziehen und war kräftemäßig oft über längere Zeit stark eingeschränkt. In jener Zeit hat Heide unendlich viel im und für den Garten geleistet. Und auch, wenn Peter bemüht war, einen Teil der anfallenden Arbeiten zu erledigen, so lagen doch der Hauptaufwand und die überwiegenden Kraftanstrengungen bei Heide. Auch wenn unter den genannten Bedingungen der Garten in den Jahren ab 2010 weniger ein Erholungsgarten und mehr ein Arbeitsgarten war, hatten wir beschlossen, ihn so lange zu behalten, solange wir zu Zweit über die dafür notwendige Kraft und den erforderlichen gesundheitlichen Zustand verfügen.

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Thomas mit seiner Familie im Garten und auch wir und Aron fühlen sich wohl
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Aber mit beidseitiger Überschreitung der 80 und obwohl das Arbeitspensum geschafft wurde, mussten wir uns eingestehen, dass die Kraftreserven auch bei uns nicht unendlich sind. Wir waren stolz, wenn wir uns jeden Herbst wieder auf die Schultern klopfen konnten und den Garten "geschafft" hatten, wir waren glücklich, wenn wir nach kraftanstrengenden Tagesarbeiten abends zu Hause auf dem Sofa einschliefen. Und wenn die Hecke geschnitten, die Fahrten in die Süßenborner Deponie erledigt oder der Wiesel erfolgreich aus dem Gelände vertrieben war, konnten wir immer wieder mit uns und der Welt zufrieden sein.
Und trotz intensiver Arbeit können wir in diesen Jahren auf wunderschöne Erlebnisse im Garten zurückblicken. Vielemale kamen wir mit unseren Kindern und Enkeln im Garten zusammen, wir verbrachten schöne Stunden mit Waltraud und Wolfgang sowie deren Partnern. Wir empfingen Freunde aus aller Welt, verlegten unseren "Stammtisch" in den Garten und vieles mehr. Und die Abende, an denen man von der Höhe unseres Gartens hinunter auf das zu Füßen liegende Weimar blicken und den herrlichen Blick genießen konnte, haben uns viele glückliche Momente beschert. Neben- und untenstehende Bilder zeigen einen kleinen Ausschnitt davon.

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Feiern mit der Familie
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Arbeit und Freude an der Natur
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Garten als familiärer Rentnertreff
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Alles hat seine Zeit!
Und das gilt leider auch für die lange Zeit von mehr als 43 Jahren, in denen wir uns als stolze Gartenbesitzer fühlen durften. Schon länger hatte Heide die Frage gestellt, ob wir uns mit der anstrengenden Bewirtschaftung des relativ großen Gartens nicht ein wenig übernehmen. 2023 hatten wir mit den in allen Jahren wiederkehrenden Arbeiten schon früh begonnen und auch diesesmal waren wir hinterher "geschafft". Und in Anbetracht der vollbrachten Leistung beschlossen wir, uns nun doch um die Abgabe des Gartens zu bemühen.
Im September signalisierten wir dem Gartenvorstand, dass wir unseren Garten längstens bis zum Ende der Gartensaison 2024 nutzen würden und baten darum, uns bei der Suche nach einem interessierten Gartenkäufer zu unterstützen. Wir glaubten, dass die Nachfolgefrage ein Problem sein könnte und waren deshalb sehr erstaunt, als wir von einer langen Warteliste hörten und die Interessenten gewisssermaßen Schlange stehen. Und so wurde aus der längerfristig ins Auge gefassten Gartenabgabe eine sehr kurzfristige Angelegenheit. Innerhalb eines knappen Monats war die Nachfolgefrage geklärt und der Verkauf inklusive Übergabe des Gartens gehörten der Geschichte an.

Einerseits froh darüber, von nun an von der zunehmend belastenden Gartenarbeit befreit zu sein, überkam uns in den letzten Gartentagen dennoch ein sehr trauriges Gefühl. Unter der von uns 1982 gepflanzten und zwischenzeitlich als landschaftsprägender Baum eingestuften und ca. 15 m hohen Blaufichte stehend kamen uns bei den letzten Blicken hinunter in Richtung Weimar und hinüber zum fernen Buchenwald fast die Tränen. Zu tief die Gedanken an unsere Arbeit, an unsere Freude und auch an unseren Kummer, den wir in und mit unserem Garten erlebt haben. Die Tage, als unsere Kinder im Unkraut der gerade erworbenen Parzelle verschwanden, die Monate des Baus und der vielen Um- und Erweiterungsbauten, die jährlichen Rituale zur Bewirtschaftung des Gartens, unsere hier spielenden Kinder und Enkel, die Treffen mit Freunden, Arbeitskollegen und Bekannten und unseren wild tobenden und um das Gartenhaus rasenden Aron, der seinen Garten über alles in der Welt liebte und ihn deshalb auch gegen jedermann vertedigte. All das zog an unserem geistigen Auge vorbei und es tat sehr weh, sich nach 43 Jahren von einem Stück unseres Lebens für immer zu verabschieden.

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Es bleibt die Erinnerung!