Wenn Menschen von ihrem Hund als besten Freund reden und hoch emotional von Erlebnissen mit ihrem geliebten Tier berichten, dann wenden sich Freunde und Bekannte oft mit großem Unverständnis ab.
Wir gestehen ein, zu den Menschen zu gehören, die eine "vermenschlichte" Beziehung zu ihrem Hund hatten und auch dazu neigen, ihn zumindest dem Kreis der besten Freunde, die wir im Leben gefunden haben, zuzuordnen.
Man könnte über die Erlebnisse mit dem Hund eine ganze Homepage füllen, könnte Dutzende Höhepunkte und auch manche Tiefpunkte beschreiben, die man mit seinem Hund oder durch ihn erlebt hat und die bis an unser Lebensende unvergessen bleiben.
Wir wollen nachfolgend nur einige Bilder aus unseres Lebens mit dem Hund vorstellen, der uns von 1999 bis 2012 insgesamt fast 13 Jahre lang begleitet hat.
Uns einen Hund im Alter anzuschaffen, daran hatten wir zwar manchesmal gedacht, ob wir uns wirklich einen angeschafft hätten, wissen wir nicht genau.
Da kam uns der Zufall zu Hilfe. Meine Schwester und deren Mann hatten immer mal gesprächsweise verlauten lassen, dass sie sich im Rentenalter einen Hund zulegen wollten und ihr Sohn hat diese Aussage ernst genommen.
1999 rückte er mit dem gerademal 6 Monate alten Hund an und bat uns, bei der Übergabe dabei zu sein. Das er seinen Eltern diese Überraschung nicht angekündigt hat, war wohl ein Fehler.
Das seine Eltern den Hund nicht annehmen wollten, war eine nicht kalkulierte Rechnung und die Enttäuschung bei unserem Neffen muss wohl entsprechend ausgefallen sein.
Wir hatten mit unserem ersten Blick auf Aron an der Tankstelle in Gelmerode, wo wir unseren mit Hund ankommenden Neffen aus Berlin erwarteten, einen Beschluss gefasst.
Wenn die Übergabe aus irgendeinen Grund schief gehen sollte, wollten wir Aron nehmen. Es war - man mag darüber lachen - Liebe auf den ersten Blick.
Und so kam es, wie wir es uns im Stillen erträumt hatten. Meine Schwester und mein Schwager hatten einen Entschluss gefasst. Den Entschluss nämlich, den Hund auf keinen Fall bei sich aufzunehmen. Mein Neffe mit seiner Familie waren traurig und bei den anwesenden Kindern Stefanie und Sascha gab es wohl auch versteckte Tränen.
Wir aber hatten einen Hund und waren mit uns und der Welt zufrieden.Wir stellten uns das Leben mit Aron recht einfach vor. Heide war Vorruheständlerin, ich war gerade arbeitslos geworden und daheim und so hatten wir beide Zeit, um uns mit unserem neues Familienmitglied zu beschäftigen. Und das gelang uns zunächst auch recht gut.
Meine Schwester und Schwager hatten deutlich gemacht, dass sie den Hund nicht dauerhaft haben wollten, sie hatten ihn aber dennoch als liebenswertes Geschöpf kennengelernt. Und so gab es deren Bereitschaft, bei Notwendigkeit den Hund
immer "vertretungsweise" zu übernehmen. Dies war für uns ein sehr hilfreiches Angebot, hatten wir uns doch vorgenommen, in den nächsten Jahren einige Fernreisen zu unternehmen. Aron in dieser Zeit in guten Händen zu wissen, war beruhigend und wurde im Verlauf der Jahre auch zu einer häufig genutzten Variante.
Die Annahme, wir hätten genügend Zeit, uns mit Aron ein schönes Vorrentnerleben zu machen, hielt nicht lange an. Ich hatte das Glück, noch einmal einen Arbeitgeber zu finden, der allerdins seinen Sitz in Mainz hatte.
Damit hieß es Pendeln zwischen Weimar und Mainz und Abwesenheit von Weimar jeweils von Montag bis Freitag. Der Vorsatz der interfamiliären Arbeitsteilung war dahin und plötzlich hieß es für Heide, die gesamten Hundepflichten allein zu schultern.
Und das war nicht leicht. Denn Aron hatte sich inzwischen eingelebt und ließ erkennen, dass er als "Kleiner Münsterländer" nicht umsonst der Gruppe der "Jagdhunde" zuzuordnen ist. Tägliches 4-mal Gassigehen und Wanderungen, die nicht nur um das Viertel
führten, sondern sich schätzungsweise auf durchschnittlich 30-40 km/Woche addierten, waren bei Wind und Wetter Pflicht. Und von diesen Pflichten konnte Peter seiner Frau nur an Wochenenden ein wenig abnehmen.
Aber all das hatte auch einen grossen Vorteil. Wir lernten erstmals das Umfeld von Weimar richtig kennen und auch Ziele in Thüringen, die vorher niemals ins Auge gefasst wurden, waren plötzlich Abenteuer- und Erkundungspfade.
Und für Heide gab es eine Menge zu tun, um zu versuchen, aus Aron einen "zivilisierten Hund" zu machen. Das ständige Zerren an der Leine, die nach Arons Meinung immer mindestens ein Meter länger sein müsste, sein "knurriges" Verhalten
gegenüber anderen Rüden, sein ungebändigter Jagdtrieb, der uns zu keiner Zeit erlaubte, ihn wirklich frei neben uns gehen zu lassen, all dies sollte in der "Hundeschule" wenigstens einigermaßen beeinflusst werden. Und so ging Heide regelmäßig auf die Hundewiese,
staunte in vielen Fällen über die Lernfähihkeit Arons, lernte aber auch die Beharrlichkeit bei der Verweigerung bestimmter Forderungen kennen.
Wir lernten, dass Aron -menschlich gesehen - ein toller Freund und liebenswertes Familienmitgled geworden war, der Freud und Leid mit uns teilte und nicht mehr wegzudenken war. Wir lernten aber auch, dass er -als Hund gesehen - auch eine Katastrophe sein konnte
und wohl niemals solche Fertigkeiten, wie das geordnete "bei Fuß" gehen erlernen würde. Und wir fanden uns damit ab, dass er eben ein Jagdhund ist und bleiben sollte und wir ihm ein erfülltes Hundeleben auch ermöglichen sollten
In den Jahren mit Aron gab es, von den Fernreisen mit Flugzeug abgesehen, nichts, was wir nicht gemeinsam mit unserem Hund unternommen hätten. Er begleitete uns bei Urlauben, Wanderungen, Familienfeiern, täglichen Besorgungen, Baden, Sport, und Freizeit.
Wenn Herrchen oder Frauchen dabei waren, traute er sich alles, was man einem Hund nicht zutrauen würde. Er überwand die Leitern auf Spaziergängen im Elbsandsteingebirge, traute sich auf Boote und Flöße, schwebte mit dem Sessellift in die Höhen der Berge und
tauchte mit Herrchen im Baggersee.
Wenn sich andere Hunde in der Silvesternacht verkrochen, wollte er es bei der Knallerei genau wissen, bestaunte mit uns Silvesterraketen und Knallkörper aus nächster Nähe, ließ sich vom Balkon aus kein Feuerwerk entgehen.
Er verteidigte uns gegen angreifende Hunde, knurrte schon bei der Annäherung möglicher "Feinde", verteidigte den Garten auch gegen Eindringlinge, die er - wenn wir dabei waren - durchaus als Freunde anerkannte. Er litt mit uns, wenn Frauchen oder Herrchen mit
gesundheitlichen Attacken zu kämpfen hatten, wich in solchen Situationen nicht von unserer Seite und lebte regelrecht auf, wenn es uns wieder besser ging.
Und wenn wir ihn dennoch mal für einige Tage verlassen mussten, war er bei Schwester und Schwager sehr gut aufgehoben. Er liebte sie inzwischen wie uns, freute sich wie unbändig, wenn es zu Begegnungen kam und wir erwähnten öfters, dass er ganz offensichtlich
nicht nachtragend war, wenn er sich die Ablehnung Dieters bei der ersten Begegnung vor Augen geführt hätte. Aber auch Schwester und Schwager entwickelten über die Jahre eine Liebe zu Aron, die uns des öfteren denken ließen, sie hätten zwischenzeitlich den Hund doch ganz gern dauerhaft bei sich.
Aber er war ansonsten durchaus konsequent. Wenn er von anderen gemieden wurde, versuchte es Aron mit schrittweiser, nicht aufdringlicher Annäherung. Ganz sanft schlich er sich regelrecht mit scheinbar zufälligen Berührungen Zug um Zug in die Herzen der Menschen. Menschen in
unserem Umfeld, die vorher einen großen Bogen um alle Hunde machten, wurden bei Aron zu Hundefreunden, nicht durch uns, sondern durch das Verhalten von Aron.
Wenn aber seine Bemühungen der Annäherung leer liefen, wenn er bemerkte, dass er es nicht mit Menschen zu tun hatte, die Angst vor Hunden hatten, sondern mit Menschen, die Hunde hassen oder grundsätzlich ablehnen, dann war er konsequent. Diese Menschen existierten für ihn nicht mehr.
Er bemerkte sie scheinbar nicht einmal, blickte einfach durch sie hindurch, war zu stolz, um von ihnen ein Leckerli - und sei es das Beste - entgegen zu nehmen. Er hatte - so unsere Meinung - eben Charakter und man wusste bei ihm, woran man war. Anders als im Allgemeinen bei Menschen !
Anfang 2013 war die Zeit gekommen, wo unser Aron innerhalb weniger Wochen nicht mehr konnte. Wir litten mit, als er für Spaziergänge schwächer und schwächer wurde, wir oft stehen bleiben und ihn zum Weitergehen mühsam überreden mussten.
Der Appetit ließ nach, schließlich verweigerte er das Essen ganz. Man merkte ihm an, dass er an Schmerzen litt, die Tierärztin konnte nur noch bedingt helfen. Und so entschlossen wir uns dazu, ihm einen letzten Dienst zu erweisen und ihn von seinem Leiden zu erlösen.
Als wir ihn bei der Tierärztin hielten und uns sein letzter hilfesuchender Blick erreichte, flennten wir wie die Kinder, obwohl wir uns zuvor vorgenommen hatten, tapfer zu bleiben.
Das nebenstehende Bild zeigt uns auf den ersten Spaziergang nach Arons Tod im Großschwabhäuser "Märzenbecherwald", den wir mit Aron seit vielen Jahren zur Märzenbecherblüte besuchten. In Gedanken sahen wir unseren Aron durch diesen Wald laufen, spürten,
wie er uns fehlt und mussten mit den Tränen kämpfen.