Während Heide in der 9. und 10. Klasse der Theo-Neubauer-Schule in Weimar die Schulbank drückte, begann für Peter am 01.09.1956 eine dreijährige Lehrausbildung zum Fernmeldemechaniker. Dieser Berufswunsch war durch die
Tätigkeit des Vaters und die bei der Post erworbenen Berufsabschlüsse der Geschwister Wolfgang und Waltraud zustande gekommen. Bereits als Schüler der 7. und 8. Klasse hatte Peter Gelegenheit, die technischen Einrichtungen beim Fernmeldeamt Weimar
zu sehen, staunend in einem Wählersaal, im Verstärkeramt und in der Stromversorgung die Technik zu bewundern und mit Ehrfurcht zu jenen Menschen aufzublicken, die diese Technik beherrschten.
Die zu jener Zeit noch für Abgänger der 8.Klasse mögliche Berufsausbildung zum Fernmeldemechaniker verlief jedoch im ersten Lehrjahr ganz anders, als von Peter gedacht. Statt fernmeldetechnischer Ausbildung war in den ersten 9 Monaten eine intensive Metallbearbeitung zu absolvieren.
Feilen, Sägen,Bohren, Drehen, Hämmern, Löten, Nieten und ähnlich hießen die zu absolvierenden Ausbildungsabschnitte und Peters handwerkliches Geschick war nich das Beste. Im Gegensatz zu vielen Mitschülerrn fiel Peter zwar die berufstheoretische Ausbildung relativ leicht, die
berufspraktische Ausbildung aber war mit manchen Tränen verbunden. Hinzu kam, dass Peter zeitweise einem Lehrausbilder ausgesetzt war, der noch eine persönliche Rechnung mit Peters Vater offen hatte und der nichts unversucht ließ, um Peter die Nichteignung für den Beruf nachzuweisen.
Doch das erste Lehrjahr ging trotz Reibung und Aufregung vorbei und mit Beginn der eigentlichen fernmeldetechnischen Ausbildung besserten sich auch die Praxisnoten zusehends. Am Ende der Lehrzeit wurde die Facharbeiterprüfung im theoretischen und praktischen Teil mit "Gut" abgeschlossen.
Mit Einführung der 10-klassigen poytechnischen Schulausbildung 1959, wurde in der DDR der 10-Klassabschluss zum Regelschulabschluß. Auch das Anforderungsprofil an die Ausbildung zum Fernmeldemechaniker änderte sich. So kamm es, dass Heide 1959 mit Abschluß der 10. Klasse eine 2 1/2-jährige
Ausbildung zum Fernmeldemechaniker beginnen konnte. In der gleichen Veranstaltung, in der Peter mit viel Lob sein Facharbeiterzeugnis in Empfang nehmen konnte, wurde die Einführung der neuen Lehrlinge vorgenommen, zu denen Heide gehörte. Beiden ist diese erste gemeinsame Veranstaltung in Erinnerung
geblieben, wenn auch zu diesem Zeitpunkt keiner ahnen konnte, dass wir einmal ein Ehepaar werden.
Heide musste auf Grund einer langwierigen Verletzung der Hand die Zeit der Berufsausbildung um ein Jahr verlängern, sie erhielt ihren Facharbeiterbrief im Februar 1963.
Unmittelbar nach Abschluss unserer Berufsausbildung prägten Bilder wie diese unsere tägliche Arbeit. Für Peter begann die Arbeit als Technischer Pfleger in der Vermittlungsstelle Weimar im September1959. Für Heide begann sie am gleichen Arbeitsort nach ihrem Lehrabschluss im Jahre 1962.
Mit Aufnahme der beruflichen Tätigkeit war das Lernen und die Vertiefung der beruflichen Qualifikation für Heide und für Peter nicht zu Ende. Peter wollte neben dem Besuchder Volkshochabendschule zur Erlangung des Abiturs auch seine berufliche Ausbildung verbessern.
Er absolvierte deshalb 1960 an der Betriebsschule der Deutschen Post in Leipzig eine halbjährige Ausbildung zum Ämterpfleger. Weil er die zu gleicher Zeit laufende Abiturausbildung nicht unterbrechen wollte, setzte er das Abendstudium in Leipzig parallel zum Ämterpflegerlehrgang fort.
An 4 Abenden pro Woche besuchte er deshalb die Volkshochabendschule in der Leipzigiger Löhrstraße.
Nach Absolvierung des Ämterpflegerlehrganngs wurde in seiner Beschäftigungsdienststelle, dem Fernmeldeamt Weimar, der gesellschaftliche Druck zur Absolvierung des "Ehrendienstes" erhöht. Weil es zu dieser Zeit noch keine Wehrpflicht gab, wurde erwartet und war es im Regelfall auch
eine Voraussetzung zur Aufnahme eines Studiums, einen freiwilligen 2-3-jährigen Dienst bei der Nationalen Volksarmee oder der Volkspolizei zu leisten. Peter verpflichtete sich für die Dauer von 3 Jahren zum Dienst in der Abschnittsverwaltung der Transportpolizei Erfurt. Hier hatte er die Möglichkeit,
den Besuch der Volkshochabendschule in Weimar fortzusetzen und einen Dienst auszuüben, der im Wesentlichen in der Wartung und Pflege der Telefontechnik im Kasernenareal "Am Schwemmbach" in Erfurt bestand.
Noch bis 1964 bei der Transportpolizei beschäftigt, aber mit einer sogenannten Delegierung zum Studium durch das Fernmeldeamt Weimar in der Tasche, nahm Peter unmittelbar nach Erwerb des Abiturs im Jahre 1963 ein 6 1/2-jähriges Fernstudium an der Hochschule für Verkehrswesen in Dresden auf.
Konsultationen an der Hochschule Dresden und an deren Außenstelle in Halle waren neben der Durcharbeitung zahlloser Lehrbriefe in allgemeinbildenden, fachtechnischen und fachökonomischen Bereichen erforderlich und ließen sehr wenig Zeit für ein normales Privatleben.
Während des Studiums vollzogen sich privat und dienstlich das weitere Leben prägende Veränderungen. Hierzu gehörten die Bindung an und die Hochzeit mit Heide ebenso, wie berufliche Veränderungen. Für einen "potentiellen Hochschulkader" sah sich das FMA Weimar nicht in der
Lage, Peter eine qualifikationsgerechte Perspektive aufzuzeigen und so kam es, dass er nach kurzer Dienststellenleiter-Tätigkeit in Weimar 1967 eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim "Zentralamt für Berufsbildung" (ZAB) in Berlin aufnahm. Mit dem Versprechen, den Zustand
des wöchentlichen Pendelns zwischen dem Wohnort Weimar und dem Arbeitsort Berlin durch Bereitstellung einer Wohnung in Berlin zeitnah zu beenden, wechselte Peter schon 1968 vom ZAB zum Ministerium für Post-und Fernmeldewesen (MPF), wo er ebenfalls als wissenschaftlicher Miitarbeiter
in der Abteilung Kader und Schulung tätig wurde. Nach reichlich 6 Jahren schloss Peter im Januar 1970 sein Studium als "Diplom-Ingenieurökonom des Nachrichtenwesens" an der HfV Dresden mit "gut" ab, nachdem er bereits im April 1968 die Vordiplomprüfungen ebenfalls mit
der Note "gut" absolviert hatte.
Weil die Zuweisung einer Wohnung in Berlin entgegen den Versprechen des MPF nicht erfolgte und auf Grund umfangreicher struktureller Veränderungen im Post- und Fernmeldewesen der DDR kehrte Peter im September 1971 von Berlin nach Weimar zurück und übernahm hier im neu etablierten
Post- und Fernmeldeamt (PFA) Weimar die Funktion des Stellvertretenden Leiters für den Bereich Fernsprech- und Fernschreibwesen. Weil Peter bis zu diesem Zeitpunkt vorschwebte, an der HfV noch zu promovieren, war die Lernerei auch nach Abschluß der Hochschulausbildung noch nicht zu Ende.
Peter erwarb in Sprachlehrgängen Russisch (1971) und Englisch (1973) fremdsprachliche und über die Abitur- und Hochschulausbildung hinausgehende Kenntnisse und legte die entsprechenden Sprachkundigenprüfungen erfolgreich ab. Die erworbenen Sprachkenntnisse wurden bis zu Beginn der 80-er Jahren in sogenannten
Bestätigungsprüfungen aufgefrischt. Erst mit der Übernahme der Tätigkeit als Leiter des Post-und Fernmeldeamtes Weimar im Jahre 1980 gab Peter den Promotionsgedanken endgültig auf.
Und trotzdem absolvierte Peter von 1985 bis 1987 noch ein 2-jähriges postgraduales Zusatz-Fernstudium an der Humboldtuniversität Berlin mit den Schwerpunkten Wirtschafts- und Arbeitsrecht, was aus den Anforderungen seiner Tätigkeit als Leiter eines Amtes mit reichlich 1000 Beschäftigten resultierte
Es bedarf keiner vertiefenden Erwähnung, dass die ausgeübte Tätigkeit auch relativ umfangreiche "Pflichtweiterbildungen" erforderte, die jeder sogenannte "Führungskader" in der DDR zu absolvieren hatte und die sowohl gesellschaftspolitische, als auch fachtechnische und fachökonomische Inhalte hatten.
Es liegt auf der Hand, dass bei Heide unter Berücksichtigung der Intensivlernerei von Peter und der mehrschichtigen Tätigkeit im technischen Dienst die berufliche Weiterbildung nicht den gleichen Stellenwert wie bei Peter haben konnte. Dennoch waren auch für die von Heide ausgeübte Tätigkeit berufliche Weiterbildungsmaßnahmen erforderlich, denen sich Heide erfolgreich stellte. Neben einer Reihe kurzzeitiger Lehrgänge und Schulungen absolvierte Heide zum Beispiel 1966/67 einen 6-Monate dauernden Technischen Fachlehrgang, in dem die Funktionsweise neuer Vermittlungstechnik vermittelt wurde. Von September 1967 bis Juni 1969 absolvierte Heide ein 2-jähriges Studium für den mittleren Fernmeldebetriebsdienst an der Zentralen Betriebsschule der Deutschen Post in Naumburg. Nach Rückkehr Peters 1971 aus Berlin nach Weimar und mit der Geburt unserer Kinder war es für Heide mehr als schwierig, die beruflichen und teilweise unter den Bedingungen einer mehrschichtigen Tätigkeit als technischer Pfleger zu erbringenden Arbeitsaufgaben zu leisten. Sie hat es dennoch mit Bravour geschafft und erst im Nachgang erkennt man, welch gewaltige Leistung sie damit für die Familie erbracht hat.
Mit der Wende und den damit verbundenen Veränderungen entstand die bange Frage, ob der von Peter erworbene Bildungsabschluss an der Hochschule für Verkehrswesen als Hochschulabschluss in der BRD anerkannt wird. Wenngleich von Peters Arbeitgebern
nach der Wende in keinem Fall die Frage nach der Anerkennung des Bildungsabschlusses erfragt bzw. ein formaler Nachweis gefordert wurde, war diese Frage für Peter wichtig. Mit Schaffung der gesetzlichen Grundlage wurde diese Frage eindeutig geklärt und der
Abschluss einem universitären und in der BRD erworbenen Abschluss gleichgestellt.
Unabhängig davon war auch nach der Wende und damit im Alter von ca. 50 Jahren das Lernen nicht vorbei. Um die arbeitsplatzbedingten Anforderungen westdeutscher Arbeitgeber (S.I.G. Schroll GmbH, Alcatel) zu erfüllen, war es erforderlich, sich umfangreiche Kenntnisse
im Bereich der Computerarbeit anzueignen. In ausschließlich autodidaktischer und teilweise sehr aufwändiger Arbeit erwarb sich Peter Kenntnisse auf dem Gebiet der Programmierung und Anwendung datenbankgestützter Projektmanagementsysteme, die es ihm ermöglichten, die
relativ komplexen und nicht immer leichten Aufgabenstellungen zur Zufriedenheit seiner Arbeitgeber zu lösen.