Die Jahre unserer Erwerbstätigkeit

Die Familie in der Zeit unserer Erwerbstätigkeit

Zwischen dem Abschluss unserer Berufsausbildung 1959 bzw.1961 und dem Eintritt in das Rentenleben liegt die scheinbar sehr lange Zeit von mehr als 40.Jahren. Hauptsächlich geprägt wurde diese Zeit durch unsere Berufstätigkeit, die uns in hohem Maße ausfüllte und einen relativ geringen Spielraum für ein erfülltes Familienleben bot. Von einigen kurzen Zeiten (wie. z.B. die jeweils ersten 6 Monate nach der Geburt unserer Kinder) abgesehen, waren die Tagesabläufe in all diesen Jahren von unserer Arbeit geprägt, die Versorgung der Kinder in den Morgen- und Abendstunden rundenden die Tage ab. Gemeinsame Erlebnisse mi den Kindern und ein erfülltes Familienleben gab es bestenfalls an den Wochenenden und an den wenigen Wochen des Jahres, in denen wir unsere Urlaube gestalteten.
Die einzelnen Etappen unserer Berufstätigkeit werden auf einer Reihe von Seiten im Bereich Arbeit und Beruf näher erläutert. Zu den Urlaubshöhepunkten unseres Lebens findest Du auf den über die Menüoption Urlaubszeit - die schönste Jahreszeit erreichbaren Seiten einen Überblick. Aus diesem Grund werden nähere Aussagen zu diesen beiden Komplexen hier nicht getroffen. Aber es gab neben Arbeit und Urlaub auch noch anderes: Es gab die Entwicklung der Kinder, es gab Peters Eltern, es gab Geschwister und Freunde. Es gab unsere Wohnungen, unseren Garten und unser ganz alltägliches Leben mit all seinen Standards, seinen Hoch- und seinen Tiefpunkten. Ein wenig davon soll in diesem Abschnitt umrissen werden.

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Graben 15 (Haus von außen heute)


Wr lernten uns 1962 kennen, als Heide das letzte Halbjahr ihrer Lehrzeit beim Fernmeldeamt Weimar verbrachte und ich bei der Transportpolizei Erfurt meinen 3-jährigen "Ehrendienst" ableistete. Heide war erst wenige Monate zuvor durch den Tod ihres Vaters Vollwaise geworden, musste deshalb die elterliche Wohnung in der Jakobstraße räumen und hatte 2 Zimmer in einer Wohnung am Graben 15 in Weimar zur Untermiete zugewiesen bekommen. Peter war bei der Polizei nicht kaserniert untergebracht, pendelte täglich mit dem Zug zwischen Weimar und Erfurt und besuchte oft seine frühere Dienststelle beim Fernmeldeamt Weimar, in der nun auch Heide tätig war. In den Abendstunden besuchte Peter dreimal wöchentlich die Volkshochschule Weimar und sein abendlicher Rückweg von dort zur elterlichen Wohnung am Martin-Klauer-Weg führte direkt an Heides Wohnung am Graben vorbei. Eine Weihnachtsfeier für die Beschäftigten des Fernmeldeamtes brachte uns näher und schon bald gehörte es zum Ritual, nach der Volkshochschule Steinchen an das Fenster von Heides Wohnung zu werfen und sich ein par liebe Worte zu gönnen.

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Wir haben geheiratet (1964)


Heide lebte in ihrer Wohnung am Graben 15, hatte weder Eltern, noch Geschwister, noch engere Freunde. Peter lebte in der elterlichen Wohnung, wollte möglichst rasch raus und auf eigenen Füßen stehen. Wir hatten uns verliebt und so war es nur eine Frage der Zeit, bis wir zusammenzogen. Wir erinnern uns daran, dass Peter neben Schlafanzug und Zahnbürste nur 2 Dinge bei sich hatte: Die Hauslatschen und ein Tonbandgerät. Nach einer kurzen Verlobungszeit heirateten wir im Oktober 1964 im kleinen Familienkreis, der sich ausschließlich aus Vertretern der Zeh'schen Familie zusammensetzte.
Die Bedingungen, unter denen wir in den Jahren von 1964 bis 1971 in unserer Wohnung am Graben 15 lebten, sind aus heutiger Sicht schlichtweg unzumutbar und kaum vorstellbar. Aus damaliger Sicht entsprachen sie den Wohnverhältnissen vieler Menschen, nicht wenige hatten noch schlechtere Wohnbedingungen. Wir verfügten immerhin über 2 Zimmer und konnten auf diese Weise sowohl ein Wohnzimmer (ca. 22m²), als auch ein Schlafzimmer (ca. 16m²) einrichten. Die Monatsmiete belief sich auf 24 Mark. Das Wohnzimmer war mit 4 Fenstern hell und lichtdurchflutet, wir hatten einen Blick zum Graben, der Arbeitsort (Fernmeldeamt) lag nur einen Steinwurf weit entfernt und die zentrale Lage bezeichnet man heute als ausgesprochene Weimarer Top-Lage.
Aber dies waren auch die einzigen Vorteile. Die zwei Zimmer verfügten über keine Heizung, sondern lediglich über einen kleinen Kanonenofen mit einem langen Rohr zum Schornstein (im Wohnzimmer). Die Fenster waren marode und undicht. Wasser durften wir in der Küche der Vermieterin in Eimern entnehmen, unser Abwasser im dortigen Ausguss entsorgen. Erst später erteilte uns die Vermieterin als Ausdruck "großen Entgegenkommens" die Erlaubnis, in ihrer Küche einen zweiflammigen Gaskocher aufzustellen und zu nutzen. Die Toilette in Form eines von vielen Mietern gemeinsam genutzten Etagen-Plumsklohs befand sich im Treppenhaus. Beim ersten Besuch unseres Neffen Heiner fragte dieser ernsthaft, ob das Plumskloh "schon von den alten Römern" genutzt wurde. Zur Wohnung gehörte auch ein kleiner glitschiger Gewölbekeller, in dem Kohlen und Kartoffeln zu lagern waren und den Heide wegen der dort immer vorhandenen Nacktschnecken nur mit Gruselgefühlen betreten konnte.
In der Wohnung selbst hatten wir im Wohnzimmer eine etwa 2,5 m x 2,0 m große Fläche mit Holzbalken und Stoffverkleidung abgetrennt, in der unsere neu erworbene Küchenzeile stand, zu der ein für damalige Verhältnisse zum Luxus zu rechnender Kühlschrank gehörte. So hatten wir wenigstens eine Art Küche, wenngleich auch ohne Wasser- und Abwasseranschluss sowie ohne Kochgelegenheit. Elektroherde lagen zu jener Zeit außerhalb unserer finanziellen Möglichkeiten, deren Betreiben in den gemieteten Räumen war uns aber auch per Mietvertrag verboten. Und entsprechend dieser Ausstattung gestaltete sich das Leben. Am Morgen Wasserholen in der Küche. Am Morgen und am Abend Waschen in Schüsseln mit dem mittels Tauchsieder zuvor erhitzten Wasser. Zähneputzen in gebückter Haltung über oder knieend vor dem Abwassereimer. Raumheizung des Wohnzimmers mit dem Kanonenofen, eine leichte Erwärmung des Schlafzimmers war nur über die zum Wohnzimmer geöffnete Tür möglich. Entsprechend waren die Schlafzimmerfenster im Winter zugefroren, ins Bett ging es mit 2 Wärmflaschen. In Winternächten hieß es in der Nacht mehrfach aufstehen und Kohlen im Kanonenofen nachlegen, da die Glut kaum länger als etwa 3 Stunden zu halten war. Und wenn man gar auf die Toilette musste, blieb nur der Gang über das ungeheizte Treppenhaus zum Plumskloh, bei desssen Öffnung nicht nur der Geruch, sondern auch der um den Hintern pfeifende Wind, lebenslange Erinnerungen hinterließ. Heute unvorstellbar, damals - so komisch es klingen mag - Normalität, die uns nicht daran hinderte, weitgehend glücklich und zufrieden zu sein.

Peter war nach seinem Lehrabschluss 1959 zunächst im Wählersaal Weimar eingesetzt worden, verrichtete aber auch eine Reihe von technischen Sonderaufgaben, die ihm durch den damaligen Abteilungsleiter Technik übertragen wurden. Schon 1960 delegierte man ihn zu einem 6-monatigen Ämterpflegerlehrgang nach Leipzig, weil man in Weimar dringend Ämterpfleger benötigte. Aber in jener Zeit hatte ein junger Mensch, der sich beruflich weiterentwickeln wollte, zunächst erst einmal seinen 2 bis 3 jährigen Ehrendienst bei der NVA oder einem anderen Sicherheitsorgan der DDR zu leisten. Weil Peter unmittelbar nach Abschluss der Lehre damit begonnen hatte, durch den Besuch der Volkshochabendschule die Mittlere Reife und anschließend das Abitur zu erwerben, der Besuch der Volkshochschule bei einer zweijährigen Verpflichtung zum Dienst in der NVA aber unmöglich gewesen wäre, verpflichtete sich Peter zu einem 3-jährigen Dienst bei der Transportpolizei Erfurt. Hier war er nicht kaserniert untergebracht, hier konnte er nach Dienstschluss nach Weimar fahren und hier konnte er an 3 Tagen der Woche den Unterricht an der Volkshochschule Weimar besuchen. In Sichtweite eines erfolgreichen Abiturs bewarb sich Peter Ende 1962/Anfang 1963 um ein Studium an der Hochschule für Verkehrswesen. Sowohl das Fernmeldeamt Weimar, als auch die Transportpolizei Erfurt unterstützten diese Bewerbung mit sogenanten Delegierungen. Diese waren erforderlich, weil damit u.a. gesichert wurde, dass die delegierten Fernstudenten auch die erforderlichen Freistellungen zum Besuch von Lehrveranstaltungen (immerhin 56 Tage/Jahr) erhalten. Die Bewerbung war erfolgreich und Peter konnte sein Fernstudium im September 1963 (noch im Dienst der Transportpolizei stehend) aufnehmen.
Während Peter bei der Transportpolizei arbeitete, kam Heide nach ihrem Lehrabschluss 1962 auch im Wählersaal Weimar zum Einsatz. Sie wurde vom Arbeitskollektiv gut aufgenommen und man bemühte sich sehr, ihr nicht nur beruflich, sondern auch privat Hilfe und Unterstützung zu geben, da sie erst wenige Monate vorher ihren Vater verloren und Vollwaise geworden war,
Als Peter 1964 nach Beendigung seines Dienstes bei der Transportpolizei und als Hochschulfernstudent zum Fernmeldeamt Weimar zurückkehrte, wurde ihm die Tätigkeit als Dienststellenleiter der Ortsvermittlungsstelle übertragen, zu deren Personalbestand auch Heide gehörte. Weil es die Dienstvorschriften der Deutschen Post nicht zuließen, dass u.a. Ehepartner in einem direkten Unterstellungsverhältnis in der gleichen Dienststelle arbeiten können, wurde Heide mit der Entscheidung konfrontiert, in eine andere Dienststelle zu wechseln und fortan im Nebenstellenpflegedienst tätig zu werden. Und diese Entscheidung charakterisiert gewissermaßen das, was für Heide sehr oft galt. Während sich Peter beruflich profilierte und an seiner Karriere arbeitete, trat Heide zurück, ordnete ihre Interessen oft unter, brachte oft genug persönliche Opfer. Für die Kinder war sie die erste Bezugsperson,für alle mit der Haushaltsführung zuständigen Fragen war sie zuständiger Ansprechpartner.
 
Als Peter 1967 das Angebot erhielt, in eine Tätigkeit als "Wissenschaftlicher Mitarbeiter" zur Zentralstelle für Ausbildungswesen, später Zentralamt für Berufsbildung (ZAB) nach Berlin zu wechseln und ihm zugleich zugesichert wurde, innerhalb der nächsten 2 Jahre eine Neubauwohnung in Berlin zu erhalten, war das für uns Grund zur Freude. Peter fand in Berlin eine schönes Zimmer in der Gudvanger Straße 19 zur Untermiete. Die Vermieterin ("Mutter Limbach") sah in ihm wohl eine Art Sohn, verwöhnte ihn und räumte ihm auch die Mitbenutzung der Küche ein. Wöchentlich freitags ging es in den späten Nachmittagsstunden per Bahn von Berlin nach Weimar, jeden Montagfrüh ging es gegen 06:00 Uhr morgens zurück nach Berlin. Und Heide hielt in Weimar die Stellung, freute sich auf die Wochenenden mit Peter und hoffte auf die baldige Übersiedlung nach Berlin. Wir hatten vor, eine Familie zu gründen, wollten aber mit einem Kind noch warten, bis wir in Berlin angekommen sind. Doch die Berliner Verhältnisse veränderten sich. Peters Arbeitsgebiet beim ZAB wurde zum Ministerium für Post- und Fernmeldesen (MPF) verlagert und Peter selbst in die Abteilung Kader und Schulung des MPF versetzt. Und dort wurde Peter, der zwischenzeitlich Mitglied der SED geworden war, mit der Realität konfrontiert. Auf entsprechende Nachfragen zur zugesagten Bereitstellung einer Wohnung erfolgten stereotype Vertröstungen ohne konkrete Terminaussagen. Und als aus den ursprünglich zugesagten 2 Jahren inzwischen mehr als 3 geworden waren und Peter auf Grund der noch immer fehlenden Terminaussagen zurück nach Weimar kommen wollte, verstieg sich sein damaliger Vorgesetzter beim MPF zu der Aussage "Merke Dir, Du arbeitest dort, wo die Partei Dich braucht. Und das ist in Berlin". Und diese Aussage habe ich mir tatsächlich gemerkt. Aber nur als abschreckendes Beispiel für den Umgang mit Nachwuchskräften im MPF. Der Zufall oder höhere Mächte haben wohl bewirkt, dass jener Vorgesetzte wenige Monate später wegen moralischer Verfehlungen abgesetzt werden musste und sein kommisarischer Nachfolger Verständnis für Peters Rückkehrverlangen zeigte. Ende des Jahres 1971 war Peter wieder in Weimar, wo er eine Führungsfunktion in dem gerade neu gebildetetn Post-und Fernmeldeamt (PFA) Weimar übernahm.


Kaum zurück in Weimar war Heide mit Thomas schwanger und wir bekamen im Sommer 1971 eine 2 Zimmer - Neubauwohnung in Weimar-Nord. Eine eigene Wohnung mit eigener Küche, eigenem Bad , Fernheizung und Balkon. Und wenngleich unser Schlafzimmer mit knapp 14 m² Größe sehr klein war, man sich im fensterlosen Bad und in der fensterlosen Küche kaum drehen konnte und an eine Wohnung mit Kinderzimmer trotz bevorstehender Geburt von Thomas nicht einmal zu denken war, fühlten wir uns wie die Könige .und waren glücklich.
Peter träumte trotz des abgeschlossenen Studiums und der anspruchsvollen Tätigkeit beim PFA Weimar noch immer davon, irgendwann zu promovieren, stürzte sich in die fremdsprachliche Weiterbildung und diverse Ergänzungsstudien sowie Weiterbildungsmaßnahmen. Heide war nach der Geburt von Thomas ein Jahr zu Hause, dann nahm sie ihre Tätigkeit wieder auf und Thomas war tagsüber in der Kinderkrippe, später im Kindergarten. Die Hausarbeit, Kinderversorgung und Betreuung lagen fast ausschließlich in ihren Händen, Peter kümmerte sich - aus heutiger Sicht in recht egoistischer Weise - um die Erfüllung seiner Arbeitsaufgaben und um seine Weiterbildung.
Gerade mal 3 Jahre beim PFA Weimar beschäftigt, wurde Peter 1974 gedrängt, eine vergleichbare Tätikeit beim Fernmeldeamt Erfurt zu übernehmen, die er bis 1980 ausübte. In dieser Zeit geriet unsere Ehe in schweres Fahrwasser, weil Peter trotz der Geburt unseres 2. Sohnes eine ausereheliche Beziehung zu einer damaligen Kollegin unterhielt. Und wenngleich sich Heide und Peter der Schwere dieses ehelichen Vertrauensbruchs bewusst waren und darum rangen, ihre Ehe dennoch aufrecht zu erhalten, nahm die Beteiligung Außenstehender den damals oft üblichen Weg. Ein im fast volsllständig gefüllten Kultursaal des Fernmeldeamtes Erfurt kurz vor Weihnachten 1979 durchgeführtes Parteiverfahren, in dessen Verlauf Peter seinen Willen zur Schaffung "moralisch vertretbarer Lebensformen" bekunden musste, bildete den negativen Höhepunkt jener Zeit. Folgerichtig war die Entscheidung des Leiters der Bezirksdirektion Erfurt, Peter im Jahre 1980 vom FMA Erfurt zum PFA Weimar zu versetzen. Die dort übertragene Funktion als Leiter des Amtes stellte aber eher eine Beförderung, als eine Strafe dar und zeugte zugleich davon, dass man vom dienstlichen Leistungsvermögen Peters offenbar recht überzeugt war.


Mit der Geburt von Thorsten war unsere kleine 2-Zimmer-Wohnung zu klein geworden, eine größere Wohnung war trotz eines schon1974 abgegebenen Antrages in absehbarer Zeit nicht zu bekommen. Also funktionierten wir unser Schlafzimmer zum Kinderzimmer um und schliefen selbst fortan auf der Couch im Wohnzimmer. Etwa zu der Zeit, als Peter von Erfurt nach Weimar versetzt wurde, hatte auch unsere Anmeldung auf eine größere Wohnung nach mehr als 5-jähriger Wartezeit endlich Erfolg. Aber obwohl die Anmeldung zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem wir nur ein Kind hatten und wir uns zwischenzeitlich zu einem 4-Personen-Haushalt entwickelt hatten, konnte uns nur eine 2 1/2-Zimmer-Wohnung zugewiesen werden. Diese verfügte neben einem großen Wohnraum, Küche und Bad über ein nur 16 m² großes Schlafzimmer und ein nur 11m² großes Kinderzimmer. In den ersten 2-3 Jahren nach Thorstens Geburt war das kleine Kinderzimmer mit Klappbett für Thomas und Kinderbett für Thorsten noch einigermaßen vernünftig zu nutzen. Später blieb dann nur die Möglichkeit, unser Schlafzimmer zu Gunsten der Kinder zu räumen und das kleine Zimmer als unser Schlafzimmer zu nutzen. Die Tatsache dass das Fenster in unserem 2,20 m breiten Raum nach Aufstellung der 2,00 m langen Doppelbetten nur über einen 20 cm breiten Gang am Fußende der Betten zu erreichen war, verdeutlicht die Enge des Raumes.
 
Zu Beginn der achtziger Jahre arbeiteten Heide und Peter wieder gemeinsam im PFA Weimar, Thomas besuchte die Hermann-Matern-Schule in Weimar-Nord und Thorsten verbrachte die Tage in der Kinderkrippe, später im Kindergarten. Nach täglich 8-stündiger Arbeit im PFA Weimar trug Heide in dieser Zeit zweifelsfrei die Hauptlast der täglich zu leistenden Hausarbeit innerhalb unserer Familie. Thorsten war täglich in die Kindereinrichtung zu bringen bzw. von dort zu holen, daheim wartete ein 4-Personenhaushalt, warteten Kinderversorgung und -betreuung. Wieder in Weimar, setzte Peter auch seine langjährigen Bemühungen fort, einen kleinen Garten auf Kauf- oderf Pachtbasis zu erwerben und auf diese Weise eine kleine Oase zur familiären Erholung zu schafffen. Das 1980 auf Pachtbasis erworbene Gartengrundstück und die danach zu leistende Urbarmachung des Geländes sowie die Errichtung unseres Gartenhauses trugen dazu bei, unseren ohnehin knappen Zeitfonds einzuschränken. Mehr zu unserem Garten findest Du im Abschnitt Hobbys-->Gartendieser Homepage. Und außerdem kam hinzu, dass nach dem Tod von Peters Mutter (1979) sein damals 73-jähriger Vater zunehmender Hilfe bedurfte. Nachdem es uns gelang, ihm in unserer unmittelbaren Wohnungsnachbarschaft eine kleine Wohnung im Tausch mit der elterlichen Wohnung am Martin-Klauer-Weg zu vermitteln, kümmerte sich insbesondere Heide zunehmend um ihn. Peter hingegen war in dieser Zeit beruflich stark eingebunden, arbeitete oft noch an Abenden oder Wochenenden. Daheim kümmerte er sich nur wenig um den Haushalt, in Bezug auf die Kinder war er vor allem für deren schulische Entwicklung zuständig.


In den 80er Jahren gingen Heide und Peter ihren geregelten Tätigkeiten beim Post- und Fernmeldamt Weimar nach und erlebten dort die Höhen und Tiefen des Arbeitsalltags in der DDR.
Von einigen familiären Höhepunkten wie
     40 jährige Geburtstage Heide und Peter (1982), 50 jähriger Geburtstag Bruder Wolfgang (1982), 50 jähriger Geburtstag Schwager Dieter (1983),
     Schuleinführung Thorsten (1984), 50 jähriger Geburtstag Schwester Waltraud (1984), 50 jähriger Geburtstag Schwägerin Hannelore (1986),
     Jugendweihe Thomas (1986), 80. Geburtstag Papa (1986), Tod Papas (1989), 18. Geburtstag Thomas (1989), Unsere Silberne Hochzeit(1989)
abgesehen, freuten wir uns auf die jährlichen Erholungsurlaube, Betriebsfeiern und Wanderungen, auf erholsame Tage im Garten und auf die wöchentlichen Saunabesuche.

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Schuleinfühung Thorsten
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Jugendweihe Thomas
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Urlaub in Silz
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Erholung im Garten

Und dann kamen die 90er Jahre, in denen nichts mehr so war, wie es vorher war, wo plötzlich alles anders, vieles schön und befreiend und manches weniger schön und beängstigend war. Und diese Veränderungen waren umfassender, gingen tiefer, als im Abschnitt Arbeit und Beruf - Wendezeiten beschrieben. Sie betrafen unser alltägliches Leben, die Entwicklung unserer Kinder, unser Lebensgefühl, unsere Urlaubsgestaltung und vieles, vieles mehr. Und diese Jahre markierten zugleich die Lebensphase, in der sich die Zeit unsere Berufstätigkeit ihrem Ende näherte, wo das nahende Rentenalter nicht mehr zu übersehen war.
Die den Wendejahren folgende Zeit brachte uns Veränderungen in unseren Beschäftigungsverhältnissen. Sie brachte uns die Reisefreiheit, befreite uns von den Zwängen der Mangelwirtschaft in der DDR,ließ uns teilhaben an Dingen, die für uns in der DDR unerreichbar geblieben wären. Sie brachte uns aber auch die Angst um das Morgen, den Verlust sicher geglaubter Arbeitsplätze, die Angst vor steigenden Mieten, soziale Kälte und den Verlust des "Wir-Gefühls". Sie brachte uns viel und nahm uns einiges.
Für unsere Familie bleibt für die Jahre nach der Wende eine insgesamt positive Bilanz. Heide und Peter hatten bzw. fanden befriedigende Tätigkeiten und konnten dadurch auch ein wenig zur eigenen Alterssicherung beitragen. Die für Peter notwendige Aufnahme von Tätigkeiten in privatwirtschaftlich arbeitenden Unternehmen (teils an weit vom Wohnort entfernten Plätzen) hat ihm den kritischen Rückblick auf den früher als Maß aller Dinge empfundenen Arbeitgeber Deutsche Post ebenso erleichtert, wie den kritischen Rückblick auf das eigene politische Handeln in der DDR. Unsere Kinder haben relativ sichere Arbeit gefunden, konnten sich eigene Familien aufbauen und leben in weitgehend glücklichen Verhältnissen. Wir haben die Welt bereist und viel gesehen. Wir alle haben ein häusliches Umfeld, wie wir es uns früher nicht hätten vorstellen können. Und deshalb gilt: Nein, wir haben keinen Anlaß, uns zu beklagen oder mit unserem Leben unzufrieden zu sein. Und Ja, wir haben Grund dafür, dankbar und zufrieden zu sein. Zufrieden auch damit, dass wir so leben können, wie wir leben - hier und heute -.

  Und dennoch bedrückt uns heute - 30 Jahre nach der Wende rückblickend - ein merkwürdiges Gefühl. Es ist eine Art Unbehagen darüber, dass wir glauben, in und mit unserem Leben vor der Wende heute wenig verstanden zu werden. Es scheint, als gebe es kaum ein Bedürfnis, dass Denken, Handeln und Fühlen von Millionen ehemaligen DDR-Bürgern ernsthaft zu hinterfragen. Bis auf ganz wenige Ausnahmen wünscht sich wohl kaum jemand ein Leben wie damals zurück, ist die weit überwiegende Anzahl der Menschen froh darüber, heute und hier angekommen zu sein. Aber dennoch ist die Erinnerung an große Teile des Lebens für jeden Einzelnen von uns vorhanden, wie haben Erinnerungen an Kindergarten, Schule und Ausbildung, an betriebliche Entwicklungen und private Höhepunkte, an Freunde und Wegbegleiter. Und wir fragen und hinterfragen uns doch selbst, warum wir das eine oder andere getan oder nicht getan, nicht verändert haben, möchten uns natürlich mit uns nahen Menschen, mit Angehörigen darüber unterhalten. Aber wir stellen erstaunt selbst bei unseren Kindern und Enkeln ein enormes Desinteresse fest, was unser Leben, unser Tun und Handeln, unser konkretes Leben betrifft.
Und auf der anderen Seite erleben wir heute täglich Menschen, die uns unser Leben vor der Wende mit ideologischen Vorurteilen und parteipolitischen Plattitüden zu erklären suchen, obwohl sie zum Zeitpunkt der Wende noch nicht einmal geboren waren oder in Windeln durch die Wohnung robbten. Wir nehmen unwidersprochen stereotype Behauptungen auf, denenzufolge es in der DDR eine unmenschliche und menschenverachtende Arbeitswelt gegeben habe, wo die Menschen am Arbeitsplatz aus lauter Angst vor Parteisekretären und Stasispitzeln kein Gespräch am Frühstückstisch wagten. Und obwohl es natürlich und unwidersprochen unmenschliche und menschenverachtende Handlungsweisen in der DDR gab, ist die Reduktion auf diese doch nicht geeignet, damit die DDR-Arbeitswelt auch nur annähernd zu beschreiben. Und wir ertappen uns bei der Feststellung, das wir unsere Eltern nicht nach deren Tun und Handeln in der Nazizeit hinterfragt haben, ebenso wie uns unsere Kinder und Enkel nicht nach unserem Tun und Handeln in der Zeit der SED-Diktatur hinterfragen. Schade eigentlich, denn das Lernen der Generationen voneinander ist wohl eher ein erklärter Wunsch, als ein erreichtes Ergebnis.