Zu Zeiten unseres Arbeitslebens in der DDR war es zumindest für Bedienstete im Fernmeldwewesen der Deutschen Post üblich, nach Erreichen des 60. Lebensjahres (für Frauen) bzw. des 65. Lebensjahres (für Männer) die
Zahlung der Altersrente dankbar anzunehmen und trotzdem noch einiger Jahr weiter zu arbeiten, seine Altersersparnisse durch den jetzt möglichen Doppelverdienst(Rente plus Arbeitseinkommen) ein wenig aufzubessern
und sich dem eigentlichen Rentnerdasein erst im Alter von etwa 70 Jahren zuzuwenden. Auch Heide und ich waren entsprechend eingestellt, hofften, dass unser gesundheitlicher Zustand eine solche Entwicklung zuließ und sahen
ansonsten einem wenig attraktiven Rentnerdasein entgegen. Vielleicht, so dachten wir, könnten wir nach Erreichen des Rentenalters auch von der Möglichkeit Gebrauch machen, einmal im Leben das "nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet"
zu bereisen und den Spruch "Die Alpen sehen und sterben" auch auf uns anzuwenden.
Das Leben verlief anders als gedacht und mit der Wende und dem damit verbundenen Übergang der Beschäftigungsverhältnisse der Deutschen Post an die Deutsche Telekom änderten
sich nicht nur die Bedingungen für die Beschäftigten, sondern auch für alle aus dem Dienstverhältnis ausscheidenden potentiellen Rentner. Innerhalb weniger Monate wurde allen
Beschäftigten, die das Rentenalter bereits erreicht hatten, gekündigt, so dass die ins Auge gefassten Jahre des Doppelverdienstes plötzlich nicht mehr möglich waren. Beschäftigten,
die das 55.Lebensjahr überschritten hatten, wurden in vielen Fällen Vorruhestandsregelungen (bei Zahlung von Abfindungen und/oder Überbrückungsgeldern) angeboten. Für alle wurde
erkennbar, dass sie im Arbeitsprozess plötzlich nicht mehr gebraucht, sondern bestenfalls noch geduldet wurden.
Auch Heide erhielt das Angebot einer Vorruhestandslösung, die, dass muss man der Telekom bescheinigen, anständig gestaltet waren. Sie war damit ab dem 55. Lebensjahr als
Vorruheständlerin zu Hause, erhielt bis zum Eintritt des Rentenalters angemessene Vorruhestands- bzw. Arbeitslosenbezüge und war mit der veränderten Situation durchaus zufrieden.
Peter hatte mit dem Wechsel von der Telekom in den privatwirtschaftlichen Bereich auch eine andere Perspektive des Rentnerdaseins. Er hoffte, möglichst bis zur Erreichung seines
Renteneintrittsalters einer Beschäftigung nachgehen zu können oder wenigstens Bezieher von Arbeitlosenunterstützung zu sein, um die danach zu erwartende Altersrente möglichst
abzugsfrei in Anspruch nehmen zu können. Mit regulärer Beschäftigung bis fast vor Vollendsung des 61. Lebensjahr und anschließender Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes
für damals noch 32 Monate ist ihm das fast gelungen.
Mit der gesellschaftlichen Wende und den damit einhergehenden freien Reisemöglichkeiten haben sich trotz der Unsicherheiten die Lebensverhältnisse der meisten Rentner sehr zum
Positiven entwickelt. Die Rentenbezüge wurden durch entsprechende Anpassungsgesetze besser gestaltet, als man dies unbedingt erwarten konnte. Bezogen auf die realen und meist
recht langen ununterbrochenen Beschäftigungszeiten waren die Renteneinkünfte verhältnismäßig gut, hatte man doch auch unter DDR-Bedingungen nicht auf üppige Rentenzahlungen
hoffen können. Und sofern die potentiellen Rentner ein wenig Altersersparnisse hatten, wurden diese in einem auch nicht unbedingt zu erwarteten guten Umrechnungsverhältnis in
die nun einheitliche, gesamtdeutsche Währung getauscht.
Mit Blick auf unser Rentnerdasein kam die Wende für Heide und mich gerade noch rechtzeitig. Einerseits sind wir durch die geltenden Rentenregelungen nicht schlechter,
sondern wirtschaftlich eher besser gestellt worden, als dies mit DDR-Perspektive der Fall gewesen wäre. Andererseits haben wir die mit Eintritt in das Rentnerdasein
vorher nicht erwartete Zeitreservn gewonnen, die uns in die Lage versetzten, uns noch im Vollbesitz unserer geistigen und körperlichen Kräfte ein wenig in der Welt
umzusehen. Urlaubsaufenthalte an Orten, an die wir früher nicht im Traum zu denken gewagt hätten, Reisen in Länder, deren Lage in der Welt wir vorher nur im Ungefähren
kannten, waren in der Folge der Wende plötzlich für alle möglich geworden und so änderten sich auch die persönlichen Pläne und der Blick auf das bevorstehende Rentnerdasein
für uns. Wenn wir als heute über 80 Jahre alte Rentner auf unser Rentenerdasein zurückblicken, gilt uneingeschränkt die Feststellung: Ja, wir haben Glück gehabt. Die Jahre
als Rentner waren für uns glückliche Jahre, die wir früher niemals so schön und erfüllt hätten vorstellen können. Und deshalb gilt für uns beide das Gefühl der Dankbarkeit
und die Hoffnung, noch möglichst lange gemeinsamn ein so schönes Rentnerleben führen zu dürfen.
Und noch eine Aussage im Zusammenhang mit unserem Rentnerdasein gilt unter den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen ganz besonders: Wir können uns sicherlich, auch wenn es
uns gut geht, über das eine oder andere beklagen oder mit bestimmten Enwicklungen nicht zufrieden sein. Eines aber kennen wir nicht:
LANGEWEILE
Auf diesen Seiten haben wir einige unserer selbst auferlegter Stressfaktoren zusammengestellt. Leicht wird man feststellen können, dass zur Bewältigung unserer Aufgaben manchesmal
24 Stunden/ Tag nicht reichen